Udo Marquardt verfolgt die Entwicklung unseres Verständnisses von Zeit, von seinen Ursprüngen bis hin zu seiner heutigen abstrakten Form, die notwendig ist, um moderne Gesellschaften zu organisieren. Dabei konfrontiert er uns mit unserer zunehmenden Entfremdung von der Zeit und plädiert für einen existenziell-lebensweltlichen Zeitbegriff, der die individuelle Lebensspanne betont.
Der Autor entfaltet auf diesem Weg eine Geschichte der Zeitvergessenheit, die eine Umkehrung von Heideggers These der Seinsvergessenheit vollzieht. Zeitvergessenheit beginnt nicht in der Antike, sondern ist ein Phänomen der Moderne. Aus dieser Zeitvergessenheit führt uns nur ein Umdenken, das in die Erkenntnis mündet, dass Zeit nicht nur ein organisatorisches Werkzeug ist, sondern das eigentliche Leben selbst.
Marquardt Werk bietet eine Art Kulturgeschichte der Zeit, wirft aber zugleich Fragen nach dem Sinn des Lebens auf und lässt die Einzigartigkeit und Unwiederbringlichkeit jeder individuellen Lebenszeit deutlich werden. Der Inhalt des Buches reicht von philosophischen Zeittheorien bis hin zu praktischen Aspekten wie der Geschichte der Zeitmessung und der Beschleunigung des modernen Lebens. Eine Reise durch die Zeit und ihre Bedeutung für das menschliche Dasein.
Udo Marquardt: Zeit und Mensch. Facetten einer Kulturgeschichte, Schwabe Verlag, Basel/Berlin 2024.
Pressestimmen zum Buch:
Kinseher Richard (Freitag, 03 Mai 2024 15:14)
Weder die Physik noch die Philosophie haben bisher eine konkrete Definition für ´Zeit´ vorgelegt. D.h. weil man gar nicht weiß was ´Zeit´ ist, sind alle Überlegungen dazu - mangels Definition - als unbelegte Spekulationen anzusehen.
Wir sagen oft, dass man ´Zeit´ mit Uhren messen oder davon ablesen kann - das ist falsch. Denn Uhren sind nur dazu gebaut, damit man mit ihnen Kalenderdaten - in Form von Uhrzeit - darstellen kann. Als einheitliche Meßgröße dafür wurde die ´Sekunde´ definiert. Wenn man aber wissen will, was ´vergeht´, wenn Zeit ´vergeht´, muss man sich damit beschäftigen, was sich in einer Uhr verändert, wenn eine Sekunde ´vergeht´!
Bischof Augustinus hat schon vor 1600 Jahren deutlich drei Typen unterschieden: die a) göttliche, b) physikalische und c) menschliche Zeit bzw. Zeitwahrnehmung (in: Bekenntnisse, Buch 11, Kap. 13-29). Solch scharfsinnige Überlegungen fehlen leider bisher zu diesem Thema.